heute brachte der tages anzeiger
eine ganze seite über die physiklehrerin barbara burtscher, die sich in den letzten jahren erfolgreich in allerlei medien vorgedrängelt hatte, um eine abstruse karriere als astronautin oder gar als erste frau auf dem mars zu promoten. nettes detail am rande: der tagi verschweigt dabei, dass er selber die “hochstaplerin” (zitat tagi) auch 2x
gefiitschert hatte, einmal
strickte er handfest an der ollen burtscher-nasa-legende mit.
aufgefallen ist mir die publizitätssüchtige toggenburgerin erstmals im letzten januar in der drs3 talkshow focus – ich traute meinen ohren nicht. focus ist eigentlich eine seriös gemachte sendung, die mir schon manche exquisite radiostunde mit hochinteressanten gästen geboten hat. aber die sogenannte astrophysikerin hörte sich an wie ein teeniegirl, das vom next-marsmännchen-camp berichtet.
man hört schon in den ersten minuten, dass die nasa einpacken könnte, würde sie wirklich mit solchen leuten arbeiten. henusode.
ein paar tage später las ich ein posting bei den bloggerkollegen von infamy, das mich wieder aufhorchen liess. die hatten sich erdreistet, die seriosität von frau burtscher in frage zu stellen. worauf diese postwendend forderte, die einträge sofort zu löschen, andernfalls sie ihren rechtsschutz bemühen würde. zwecks vermeidung von unnötigem aufwand haben die infamy blogger die beiden posts gelöscht
und stattdessen das hier vermeldet.
das machte mich dann doch etwas stutzig. wer als cervelat promi gleich mit den juristen droht, macht sich erst richtig interessant.
ich googelte also bisserl rum und stiess neben der beachtlichen burtscherei auf allen kanälen auf höchst bermerkenswertes. die toggenburger astrophysikerin schaffte es nämlich, mit ihrem banalen mars- und nasageschwafel noch bei einer ganz anderen orga unterzukommen als in all den unterdotierten boulevardmedien, nämlich bei der – achtung, jetzt kommts – universität zürich.
dort hat frau burtscher studiert. an der mathematisch-naturwissenschaftlichen fakultät hat sie eine bachelorarbeit zu einem thema der astrophysik geschrieben und dafür ein gut/sehr gut erhalten. wozu ich ihr herzlich gratulieren möchte.
weil sich in dieser fakultät der nachwuchs etwas rar macht, durfte frau burtscher auf der website der fakultät über ihr marscamp
bloggen. schon nach dem
lesen von
wenigen postings
wird klar, dass das nichts mit seriöser wissenschaftlicher arbeit zu tun hat.
im
startposting schreibt die universität zürich:
Die Physik-Lehrerin und MNF-Absolventin Barbara Burtscher wurde ausgewählt, zusammen mit fünf anderen Forschern in der «Mars Desert Research Station» das Leben auf dem Mars hier auf der Erde zu erpoben. Im Juli erst war Barbara Burtscher Teilnehmerin im NASA-Astronautencamp.
nasa-astronautencamp? – dass die abstruse medienkarriere der frau burtscher überhaupt stattfinden konnte, ist ja schon schlimm genug. dass aber sogar eine uni darauf reinfällt und diesen banalen astro- und nasa-content auch noch im zeichen der nachwuchsförderung ins netz stellt... brachte mich doch etwas ins grübeln. wird demnächst auch mike shiva mal ran dürfen?
ich habe also die
mathematisch-naturwissenschaftlichen fakultät der universität zürich angemailt und etwas genauer nachgefragt. zuerst interessierte mich, ob sich frau burtscher mit ihrem marscampgedöns überhaupt astrophysikerin und forscherin nennen darf. als zweites wollte ich wissen, was denn der zweck des burtscher blogs auf der fakultäts website sei und was der content dort mit wissenschaft zu tun habe.
das mail war kaum draussen, schon kommt ein anruf von calista fischer, der medienfrau der fakultät. sie war sehr aufgeregt. sie sagte, sie werde das mit dem dekan besprechen, wolle aber vorher noch kurz mit mir darüber reden und ich würde dann eine schriftliche antwort zur publikation in meinem blog erhalten. das telefongespräch dauerte mehr als eine stunde.
nach zwei tagen kam dann eine knappe stellungnahme. ich hatte dann aber keine zeit und keine lust, ein ausführliches und juristisch wasserdichtes posting zu schreiben und liess es bleiben.
zur ergänzung der tagirecherche von gestern reiche ich die antwort von frau calista fischer vom 11.2.2010 jetzt doch noch nach:
Astrophysikerin/Forscherin
Frau Burtscher hat ihr Studium an der Universität Zürich mit der als gut bis sehr gut eingestuften Bachelorarbeit mit dem Titel «Analysis of microlensing events towards the galactic buldge», d.h. einem Thema aus der Astrophysik, abgeschlossen. Es steht ihr deshalb zu, sich als Astrophysikerin zu bezeichnen. Zum Begriff Forscherin: Forschung findet bekanntlicherweise auch ausserhalb der Hochschulen statt, entsprechend breit gefasst sind die Begriffe Forscher und Forscherin.
(Zu Ihrer Information: An Schweizer Hochschulen gibt es keine Bachelor- und Mastertitel in Astrophysik. Abgeschlossen wird mit einem Bachelor bzw. Master of Science in Physics.)
MNF-Blog
Wie ich Ihnen am Telefon erklärt habe: Mit der Blog-Serie richten wir uns an Gymnasiasten, an Jugendliche im Alter zwischen 12 und 19 Jahren. Die MNF-Blogs zeigen auf, welche beruflichen Wege und Möglichkeiten ein Abschluss in Naturwissenschaften an der Universität Zürich bietet. Der nächste Blog startet am 1. März und wird von einer Mathematikerin bestritten, die im November eine Doktorarbeit in Biochemie angefangen hat.
nun,
astrophysikerin und
forscherin mag für frau burtscher rein juristisch noch durchgehen. zumindest im allgemeinen (medien-)leben kann man das –
wie figura zeigt – so machen. aber an einer uni?
die grosszügige auslegung dieser titelfrage hängt mit frage zwei zusammen, dem blog von frau burtscher auf der website der fakultät. frau burtscher ist dort hochoffiziell eine art botschafterin für den universitären nachwuchs. die marsforscherin aus dem toggenburg steht als beispiel dafür, dass man aus einem naturwissenschaftlichen studium auch etwas lässiges machen kann. sie durfte im märz sogar an einem
informationstag für schülerinnen und schüler auftreten.
dass frau burtscher auf dem boulevard einen ganz und gar unwissenschaftlichen und zunehmend peinlichen marstanz aufführt, scheint die fakultät bei ihrer nachwuchsförderung nicht im geringsten zu stören.
neben dem kläglichen mediendrama ist das ein zweites, eher noch schlimmeres dazu.
+ + + + +
> frau burtscher behauptet
auf ihrer website, ihr mailaccount sei gehackt worden.
infamy hat gute argumente, dass das so nicht stimmt.
> das st. galler tagblatt hat auf den tagiartikel
nachgefasst.
update 07.00 uhr: newsnetz legt nach: wie die medien auf den
burtscher-flop reagieren.
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